Stellungnahme zum Referentenentwurf zur Umsetzung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD)

July 24, 2025

Trotz kurzer Frist hat Climate & Company, Rückmeldung zum am 10. Juli 2025 veröffentlichten Entwurf (überarbeitet durch Richtlinie (EU) 2025/794) gegeben. Die CSRD ist ein zentrales Werkzeug, um nachhaltigkeitsbezogene Informationen transparenter, vergleichbarer und strategisch nutzbar zu machen – für Unternehmen, Investor*innen und die Gesellschaft.

Unsere Stellungnahme

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir danken Ihnen herzlich für die Möglichkeit, eine Stellungnahme zum Referentenentwurf zur Umsetzung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) einzureichen. Wir wissen das Engagement des Bundesministeriums für eine zügige Umsetzung dieses wichtigen Vorhabens sehr zu schätzen.

Wir verstehen, dass die Umsetzungsfrist auf europäischer Ebene bereits abgelaufen ist und daher eine kurzfristige Konsultation wünschenswert ist. Dennoch möchten wir betonen, dass eine so enge Fristsetzung in der Praxis zu erheblichen Herausforderungen führt. Eine fundierte rechtliche und inhaltliche Bewertung benötigt Zeit und Kapazitäten, die unter diesen Bedingungen nicht verfügbar sind. Angesichts der Tragweite des Vorhabens halten wir eine breitere Konsultation für angemessen und notwendig. Besonders eine angemessene rechtliche Bewertung ist dadurch nicht möglich.

Wir begrüßen, dass auch im Gesetzesentwurf selbst anerkannt wird, dass die Umsetzung der CSRD mit Aufwand und Kosten für die Öffentlichkeit und Unternehmen verbunden ist. Umso wichtiger ist es, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass Berichterstattung effizient, zielgerichtet und praxisnah erfolgen kann. Dafür ist eine frühzeitige und verlässliche Kommunikation mit allen Stakeholdern nötig.

In unserer Arbeit mit Unternehmen aus verschiedenen Branchen und unterschiedlicher Größe erleben wir derzeit eine spürbare Frustration über die anhaltende Unsicherheit zur Umsetzung der CSRD. Gleichzeitig zeigt unser Projekt Making Sustainable Finance Work in Germany, dass Unternehmen bereit sind, Nachhaltigkeitsberichterstattung strategisch zu nutzen, etwa für resilientere Lieferketten oder besseren Zugang zu Finanzierung. Damit dieses Potenzial gehoben werden kann, braucht es jetzt klare und verlässliche Rahmenbedingungen

  1. Schwellenwerte

Viele Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitenden haben sich in den vergangenen Monaten intensiv auf die Anforderungen der CSRD vorbereitet. Sie haben Personal aufgebaut, Prozesse angepasst und erhebliche Investitionen in ihre Nachhaltigkeitsberichterstattung getätigt. Die Entscheidung, die Schwelle für die erste Anwendungswelle auf 1.000 Mitarbeitende anzuheben, verkennt dieses Engagement und führt zu unnötiger Verunsicherung. Aus unserer Sicht ist es daher sachlich und europarechtlich geboten, die ursprünglich vorgesehene Schwelle von 500 Mitarbeitenden beizubehalten.

Eine Analyse von Climate & Company, basierend auf Daten aus der EU ,[1] zeigt zudem, dass ein einheitlicher Schwellenwert je nach Branche sehr unterschiedliche Auswirkungen hat. In Sektoren mit hoher Umweltrelevanz wie Energie, Industrie oder Landwirtschaft sind große Unternehmen für einen Großteil des Umsatzes verantwortlich. In anderen Bereichen wie Bau oder Gesundheit dominieren hingegen kleine und mittlere Unternehmen. Eine pauschale Schwelle wird diesen Unterschieden nicht gerecht.

Ein Beispiel: Im Bausektor würde eine Schwelle von 500 Mitarbeitenden nur etwa elf Prozent des Branchenumsatzes abdecken. Im Energiesektor hingegen würden rund 76 Prozent erfasst. Gleichzeitig würde eine Absenkung der Schwelle in umweltarmen Sektoren wie Gesundheit zu einer Vielzahl zusätzlicher Berichtspflichten führen, ohne dass daraus ein nennenswerter Nachhaltigkeitsnutzen entsteht.

Wenn Entlastungen der Schwellenwert angepasst werden muss, sollte das ausschließlich für Sektoren mit geringerem Nachhaltigkeitsimpact in Betracht gezogen werden. In allen anderen Fällen ist die Schwelle von 500 Mitarbeitenden erforderlich, um sicherzustellen, dass die Berichterstattung dort greift, wo sie den größten Beitrag zur Transformation der Wirtschaft leisten kann

  1. Umweltgutachterinnen und Umweltgutachter einbinden

Wir haben festgestellt, dass der Punkt Umweltgutachter:innen im neuen Referentenentwurf keine Berücksichtigung findet. Wir möchten anregen, Umweltgutachterinnen und Umweltgutachter als potenzielle Prüfende für bestimmte umweltbezogene Kennzahlen zuzulassen. Diese verfügen über wertvolle Expertise, die insbesondere bei der Prüfung komplexer Umweltindikatoren eine sinnvolle Ergänzung zur klassischen Wirtschaftsprüfung darstellen kann. In unserem oben genannten Projekt hat sich dies besonders zu Klimadaten gezeigt.

  1. Öffentliche Förderbanken als aktive Gestalter der Transformation

„Absatz 5 Satz 4 nimmt bestimmte Förderbanken, die in der Richtlinie 2013/36/EU aufgeführt werden, von den Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung aus. Dies setzt das Wahlrecht in Artikel 1 Absatz 3 Buchstabe b Satz 2 der Richtlinie 2013/34/EU um. Eine Rückausnahme gilt jedoch für solche Förderbanken, die aufgrund ihrer Größe eine besondere Kapitalmarkt-relevanz für nachhaltige Investoren haben, was
eine verpflichtende Nachhaltigkeitsberichterstattung begründet.“

Die Transformation unserer Wirtschaft ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die nur im Zusammenspiel aller relevanten Akteure gelingen kann. Öffentliche Förderbanken nehmen dabei eine zentrale Rolle ein, insbesondere in ihrer Funktion als Hebel zur Lenkung von Kapital in nachhaltige Aktivitäten. In unserem Projekt Making Sustainable Finance Work in Germany sehen wir sehr deutlich, wie entscheidend diese Institutionen für die Umsetzung nachhaltiger Finanzstrukturen sind.

Vor diesem Hintergrund empfehlen wir, dass kapitalmarktorientierte öffentliche Förderbanken in den Anwendungsbereich der CSRD aufgenommen werden. Die Datenpunkte der CSRD bieten wertvolle Steuerungsimpulse, die auch für Förderbanken von großem Nutzen sein können. Ein Ausschluss dieser Akteure würde nicht nur ein inkonsistentes Bild erzeugen, sondern auch ein falsches Signal an privatwirtschaftliche Unternehmen senden, die sich bereits intensiv mit den Anforderungen der Nachhaltigkeitsberichterstattung auseinandersetzen.

[1] ¹ Die Analyse vergleicht Umsatzanteile und Unternehmensgrößen in verschiedenen NACE-Sektoren über acht EU-Mitgliedstaaten hinweg