Nachhaltigkeitsberichterstattung zahlt sich aus: Warum sie für Unternehmen mehr als eine Compliance-Übung ist

March 25, 2025

Die Zukunft der EU-Nachhaltigkeitsberichterstattung ist ungewiss. Viele Unternehmen drängen auf eine Entlastung bei der EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) und der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD). Die EU-Kommission und die Bundesregierung wollen Berichtspflichten deshalb drastisch kürzen. Doch dabei gerät aus dem Blick, welches Potenzial die Nachhaltigkeitsberichterstattung für Unternehmen tatsächlich bietet. Wir zeigen, warum sich Transparenz weiterhin lohnt – und räumen mit drei verbreiteten Mythen auf.

3 Gründe, warum sich Nachhaltigkeitsberichterstattung für Unternehmen weiterhin lohnt

1. Besserer Zugang zu Kapital und Finanzierung

Studien zeigen, dass Unternehmen, die sich durch die Nachhaltigkeitsberichtserstattung mit Nachhaltigkeitsauswirkungen, -risiken und -chancen auseinandersetzen, durchschnittlich langfristig erfolgreicher sind und von einer erhöhten Marktliquidität profitieren [2]. Besonders der Zugang zu Kapital wird erleichtert: Nachhaltigkeitsbewertungen durch ESG-Rating-Agenturen, wie MSCI, beeinflussen zunehmend Finanzierungskonditionen. Unternehmen mit transparenter Berichterstattung profitieren von günstigeren Kreditkonditionen und einer stabileren Investorenbasis [3][4][5].

2. Strategische Nutzung von Nachhaltigkeitsinformationen

Nachhaltigkeitsberichterstattung ist mehr als eine Dokumentationspflicht – sie schafft einen strukturierten Prozess, um relevante Auswirkungen, Risiken und Möglichkeiten zu identifizieren, zu bewerten und in die Unternehmensstrategie zu integrieren. Unternehmen, die Nachhaltigkeit strategisch managen, können Risiken besser steuern [6], Innovationen gezielter vorantreiben und langfristige Wettbewerbsvorteile erzielen. Voraussetzung dafür ist, dass Unternehmen sich ausreichend mit dem Thema beschäftigen, Kapazitäten bereitstellen und die Geschäftsführung und Nachhaltigkeitsabteilung am selben Strang ziehen.

3. Höhere Reputation und geringere Risiken

Kunden, Investoren und Geschäftspartner fordern zunehmend Transparenz in der Wertschöpfungskette. Unternehmen, die glaubwürdig über ihre Nachhaltigkeitsleistungen berichten, stärken Vertrauen und minimieren Reputationsrisiken [7][8]. Gerade in Zeiten steigender regulatorischer Anforderungen und wachsender Verbraucheransprüche ist dies ein entscheidender Marktvorteil.

3 Mythen über die Nachhaltigkeitsberichterstattung – und was wirklich stimmt

1. „Nachhaltigkeitsberichterstattung bringt keinen Umweltschutz“

Fakt ist: Nachhaltigkeitsberichterstattung zwingt Unternehmen, sich systematisch mit ihren ökologischen und sozialen Auswirkungen auseinanderzusetzen. Erfahrungsberichte zeigen, dass sich dadurch die Aufmerksamkeit auf klimabezogene Risiken und Chancen in der Unternehmensführung erhöht [10]. Empirische Studien konnten zeigen, dass verpflichtende CSR-Berichterstattung Umweltvorteile bringen kann:  Unternehmen haben dadurch ihre CO₂-Emissionen und industrielle Abwasserverschmutzung reduziert [11] und die Offenlegung von Sicherheitsaufzeichnungen hat im Bergbau zu weniger Verstößen und Verletzungen geführt [12]. Eine Autorengruppe hat gezeigt, dass das Greenhouse Gas Reporting Program der US-Umweltbehörde EPA die CO₂-Bilanz der betroffenen Unternehmen verbessert [13]

2. „Wenn die Anzahl der Datenpunkte reduziert wird, vereinfacht sich die Nachhaltigkeitsberichterstattung“

Die Europäischen Nachhaltigkeitsberichterstattungsstandards werden dafür kritisiert, zu viele Datenpunkte zu verlangen. Diese Kritik ist wenig zielführend: Erstens unterscheiden sich Datenpunkte erheblich – sie sind quantitativ oder qualitativ und müssen teils in verschiedenen Varianten dargestellt werden (z. B. absolut, relativ zu einer Größe, im Vorjahresvergleich). Eine Reduzierung der Anzahl führt daher nicht automatisch zu einer Entlastung. Zweitens hängt es von der Wesentlichkeitsanalyse ab, welche Datenpunkte Unternehmen berichten müssen. Diese verursacht zunächst zwar bürokratischen Aufwand, reduziert aber den Berichtsumfang. Deshalb sollte der Fokus der Regulierung darauf liegen, die Wesentlichkeitsanalyse zu vereinfachen. Klare branchenspezifische Vorgaben erleichtern den Prozess der Wesentlichkeitsanalyse, indem sie präzise Leitlinien für die relevanten Nachhaltigkeitsaspekte einer Branche liefern, und können somit den Berichtsaufwand deutlich reduzieren. Zudem können sie dazu beitragen, dass wichtige Angaben und Kennzahlen branchenübergreifend einheitlicher werden [14].

3. „Nachhaltigkeitsberichterstattung schwächt den Wirtschaftsstandort und ist ein Wettbewerbsnachteil“

Kurzfristig mag der Verzicht auf Nachhaltigkeitsberichterstattung als Kosteneinsparung erscheinen, doch langfristig stärkt sie den Wirtschaftsstandort durch transparente und widerstandsfähige Lieferketten. Die COVID-19-Pandemie hat verdeutlicht, dass Intransparenz in Wertschöpfungsketten zu unerwarteten Engpässen und wirtschaftlichen Schocks führt. Eine klare Offenlegung von Nachhaltigkeits- und Risikodaten ermöglicht Unternehmen, Abhängigkeiten gezielt zu steuern, frühzeitig auf Störungen zu reagieren und resiliente Strukturen aufzubauen.

Nachhaltigkeitsberichterstattung als Voraussetzung für Stabilität und Wettbewerbsfähigkeit

In einer global vernetzten Wirtschaft ist Transparenz kein bürokratisches Hindernis, sondern eine Voraussetzung für Stabilität und Wettbewerbsfähigkeit. Nachhaltigkeitsberichterstattung reduziert systemische Risiken und schafft wirtschaftliche Resilienz – sie ist daher ein Vorteil.

Die Wissenschaft zeigt, dass eine standardisierte Nachhaltigkeitsberichterstattung erhebliche Vorteile für Wirtschaft und Gesellschaft bieten kann. Sie verbessert den Zugang zu Kapital, stärkt die strategische Steuerung von Nachhaltigkeitsrisiken und erhöht die Markttransparenz. Die Kritik übersieht oft, dass klare Berichtsstandards nicht automatisch übermäßige Bürokratie bedeuten – vielmehr ermöglichen sie eine gezielte, effiziente Berichterstattung, die Unternehmen und Märkte widerstandsfähiger und zukunftsfähiger macht.

Unterstütze unser Projekt “Making Sustainable Finance Work in Germany” dabei  Nachhaltigkeitsberichterstattung zum Wettbewerbsvorteil für Unternehmen werden zu lassen.